Unter dem Titel Über den Tag und durch die Jahre werden Texte aus einem Zeitraum von drei Jahrzehnten vorgelegt, die insofern zusammengehören, als sie das Nachdenken üben und belegen und zwar in allen möglichen Spielarten, von der spontanen Überlegung bis zur ausgewachsenen Untersuchung, und außerdem dadurch, daß sie sich rechenschaftsbeflissen an den aufmerksamen Leser wenden – darum die bewußt schillernde Gattungsbezeichnung Essays, Nachrichten, Depeschen. Gegenstand...
Unter dem Titel Über den Tag und durch die Jahre werden Texte aus einem Zeitraum von drei Jahrzehnten vorgelegt, die insofern zusammengehören, als sie das Nachdenken üben und belegen und zwar in allen möglichen Spielarten, von der spontanen Überlegung bis zur ausgewachsenen Untersuchung, und außerdem dadurch, daß sie sich rechenschaftsbeflissen an den aufmerksamen Leser wenden – darum die bewußt schillernde Gattungsbezeichnung Essays, Nachrichten, Depeschen. Gegenstand des Nachdenkens können Lektüren, Ausstellungs- und Kinobesuch sein, aber auch weniger kulturelle Angebote wie die Zigarette, die Silvesterfeier, das Sexplakat. Die andere Lebensweise, die andere Kultur (und manchmal der Kulturschock) kommen in einem römischen Brief, einer Depesche aus New York, einem Exkurs über die französische Frau und in einem Bericht über das Zusammenleben mit Schwarzafrikanern in Paris (»Der Rassismus in dir selber«) zur Sprache.
Das gründlichste Nachdenken besorgen die Essays über Dichter- und Künstlerpersönlichkeiten, die den Verfasser angesteckt und mit Kriterien ausgerüstet haben: Hamsun, Fellini, van Gogh, Robert Walser. Es sind Untersuchungen über Aspekte der künstlerischen Mittel und Form, über Ausdrucksprobleme; eine Art Werkstattspionage oder doch Aussagen über einen Lernprozeß. Nebenbei gesagt: Das Problem des künstlerischen Sagens, die Frage nach dem Wirklichkeitsstiftenden im schöpferischen Prozeß ist ein Ni- zonsches Generalthema. Der den Band abschließende »Versuch über das Sehen« ist unverhohlen in eigener Sache geschrieben und als bekenntnishaftes Dichtungsprogramm aufzufassen.
Nachdenken über den Tag und Nachdenken durch die Jahre: die Lektüre ist nicht nur spannend aufgrund der manifestierten Interessen, sondern ebenso sehr aus Gründen des stilistischen Zugriffs, dieser Spannweite.
Paul Nizon, geboren 1929 in Bern, lebt in Paris. Der »Verzauberer, der zur Zeit größte Magier der deutschen Sprache« (Le Monde) erhielt für sein Werk, das in mehreren Sprachen übersetzt ist, zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen, u. a. 2010 den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur.
Paul Nizon, geboren 1929 in Bern, lebt in Paris. Der »Verzauberer, der zur Zeit größte Magier der deutschen Sprache« (Le Monde) erhielt für sein...