60 Jahre edition suhrkamp

Beitrag zu 60 Jahre edition suhrkamp
Am 2. Mai 2023 feiert die edition suhrkamp ihr 60. Jubiläum.

Im Mai 1963 erschienen die ersten 20 Bände der edition suhrkamp. Die es war die erste Taschenbuchreihe des Suhrkamp Verlags und erschien im prägnanten Regenbogen-Design von Willy Fleckhaus. Bis heute hat sie Kultstatus und ist Forum für kritische Zeitdiagnosen.

Zum 40. Jubiläum der Reihe im Jahr 2003 erschien die Kleine Geschichte der edition suhrkamp. Das Buch dokumentiert unter anderem die Korrespondenz Siegfried Unselds mit Hans Magnus Enzensberger und Max Frisch zur Planung der Reihe. Raimund Fellinger, langjähriger Cheflektor im Suhrkamp Verlag und Autor dieses Jubiläumsbands, verstarb am 25. April 2020 in Frankfurt am Main.

Anlässlich des 60. Jubiläums der Reihe können Sie nun die Kleine Geschichte der edition suhrkamp in einer digitalen Version frei zugänglich nachlesen.

Vorbemerkung


Frank und frei, ja stolz sei erklärt: Beim Titel dieses schmalen Bandes handelt es sich um ein bewußtes Plagiat. 1966 erschien in den Mitteilungen für die Leser der ›edition suhrkamp‹, einem den damaligen Büchern der Reihe beiliegenden Leporello, eine Kleine Geschichte der ›edition suhrkamp‹. Ihr Verfasser: Siegfried Unseld. Das war drei Jahre nach dem Erscheinen der ersten Bände der Taschenbuchreihe, deren Zustandekommen, wie zu zeigen sein wird, einzig dem Verleger (seinen Autoren zunächst nicht) zu verdanken ist.

Siegfried Unseld kann seine Kleine Geschichte nicht fortsetzen. Die neue Kleine Geschichte der edition suhrkamp anläßlich ihres vierzigjährigen Bestehens kann die Authentizität seiner persönlichen Erinnerung nur zu einem geringeren Teil beanspruchen. Deshalb kommen hier die an ihr Mitwirkenden – neben dem Verleger die Vielzahl der Autoren, die Verlagsmitarbeiter, die Kritiker – in Zitaten aus schriftlichen Dokumenten zu Wort. Keine Wertungen sind also beabsichtigt, sondern ein lebhaftes, vielstimmiges, kontroverses Porträt einer lebhaften, vielstimmigen, Kontroversen suchenden Taschenbuchreihe. Siegfried Unseld kann seine Kleine Geschichte nicht fortsetzen. Deshalb sei diese ihm zum Gedächtnis gewidmet.

Am 2. Mai 1963 erscheinen die ersten zwanzig Bände der edition suhrkamp. Obwohl es sich für die Zeitgenossen wie für die späteren Lesergenerationen zweifellos um Taschenbücher handelt, meidet der Initiator der Reihe, Siegfried Unseld, bei seinen Planungen und bei der ersten öffentlichen Präsentation diese Bezeichnung. Diese in verlegerischer Perspektive unverständliche Einstellung erklärt sich, wenn man sich die Verhältnisse auf dem Taschenbuchmarkt zu Beginn der sechziger Jahre auf der einen, das Profil des Suhrkamp Verlags zum gleichen Zeitpunkt auf der anderen Seite vergegenwärtigt.

Die Maxime von Peter Suhrkamp, der 1950 den Verlag begründet und bei dem Siegfried Unseld seit 1952 in die Lehre geht, lautet: Nicht beliebig viele Bücher für die große Masse produzieren, sondern sorgfältig ausgewählte Bücher mit hohem Anspruch für ein sorgfältig auswählendes Publikum, die Leser im emphatischen Sinn des Wortes. Deshalb heißt es 1951 in der Ankündigung des Programms der Bibliothek Suhrkamp, der ersten Buchreihe des Verlags: »Die BIBLIOTHEK SUHRKAMP ist dem wahren Bücherfreunde zugedacht, jener Leser-Elite, der anzugehören das Bedürfnis aller ist, denen das gute oder erlesene Buch ein unentbehrliches Lebensgut geworden ist.« Den Autor- Freund Hermann Hesse läßt Peter Suhrkamp im selben Jahr mit einem Seitenhieb auf die Taschenbücher des Rowohlt Verlags wissen: »Das Herbstprogramm verlangt mich. Darin wird nun die ›Bibliothek Suhrkamp‹ ... das Gegenstück zu den billig gemachten Serien, wie Ro- Ro-Ro usw., ... eine ausgesprochene ›Liebhaberbibliothek‹, anscheinend doch werden.« Drei Jahre später vergrößert sich noch die Distanz zu der verstärkten Neugründung von Taschenbuchreihen: »Damit die Bibliothek Suhrkamp in den dauernden Bestand einer mit Sorgfalt geführten und gepflegten Bibliothek paßt, ist jeder Band in Ausstattung, Typographie und Druck handwerklich solide und mit unaufdringlich modernem Geschmack hergestellt.«

Peter Suhrkamp will die Bibliothek Suhrkamp vom Taschenbuch abheben, doch 1955 wendet er sich gegen den Verdacht, er spreche ihm die Existenzberechtigung ab.

»So einfach stellen sich mir die Positionen nicht dar. Es ist das Verdienst der Pocketbuch-Reihen, daß Lesen in kurzer Zeit zu einer verbreiteten, ja fast allgemeinen Gewohnheit geworden ist. Sie haben die Zurückhaltung, die verbreitete Scheu vor dem literarischen Buch verringert ... Aber in den Pocketbuch-Reihen darf nicht die Bibliothek der Armen und der Mittellosen gesehen werden. Und es gehören nicht alle Werke in die Mühlen der Pocketbuchfabriken. Ihre Grenzen sollten gesehen und gewahrt werden; das geschieht nicht genügend; sie werden gerne mit Werken bestückt, die ihnen ein falsches literarisches Ansehen geben.«

Den vollständigen Text von Kleine Geschichte der edition suhrkamp können Sie hier als PDF herunterladen.

Holen Sie sich den Regenbogen der edition suhrkamp ins Regal.

2010 haben wir einen Regenbogen-Schuber mit 36 Bänden der edition suhrkamp veröffentlicht. Er bildet das gesamte Spektrum der Reihe ab, von Essay bis Lyrik, von Interview bis Kurzgeschichte. Jede Farbe des Regenbogenspektrums ist mit einem Band vertreten.

Raimund Fellinger, geboren 1951 im Saarland, arbeitete nach Studium von Germanistik, Linguistik und Politikwissenschaft seit 1979 als Lektor im Suhrkamp Verlag, seit 2006 als Cheflektor. Er starb am 25. April 2020 in Frankfurt am Main.

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