Als Hannah Arendt und Hermann Broch sich im Mai 1946 zum ersten Mal begegneten, war er im sechzigsten, sie im vierzigsten Lebensjahr. Hannah Arendt stand noch vor der Veröffentlichung ihrer wichtigsten Bücher, Hermann Broch dagegen hatte mit seinem Roman Der Tod des Vergil den Zenit seiner Laufbahn als Schriftsteller erreicht. Ihre Biographien ähnelten einander: Beide stammten aus bürgerlich assimilierten jüdischen Familien in Deutschland bzw. Österreich, beide waren Opfer des...
Als Hannah Arendt und Hermann Broch sich im Mai 1946 zum ersten Mal begegneten, war er im sechzigsten, sie im vierzigsten Lebensjahr. Hannah Arendt stand noch vor der Veröffentlichung ihrer wichtigsten Bücher, Hermann Broch dagegen hatte mit seinem Roman Der Tod des Vergil den Zenit seiner Laufbahn als Schriftsteller erreicht. Ihre Biographien ähnelten einander: Beide stammten aus bürgerlich assimilierten jüdischen Familien in Deutschland bzw. Österreich, beide waren Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns, und für beide war New York die erste Station des amerikanischen Exils.
Der Briefwechsel zwischen beiden ist das Dokument einer engen Freundschaft. Hermann Broch war fasziniert von Hannah Arendts intellektuellem Wagemut und ihrer denkerischen Kraft. Arendt schätzte Brochs Tod des Vergil als eines der wichtigsten literarischen Werke der Moderne, als Bindeglied zwischen Prousts und Kafkas Romanen, in denen sie die Geschichte ihrer Epoche am gültigsten dokumentiert fand.
Die Korrespondenz gibt Aufschluß über das Exil der ersten Nachkriegsjahre, sie enthält Debatten über Albert Camus und Arthur Koestler, über die Situation im Nachkriegsdeutschland, über Philosophen wie Martin Heidegger und Karl Jaspers, über das Thema der Menschenrechte, das Arendt in ihrem damals entstehenden Buch über Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, Broch in seiner Massenwahntheorie beschäftigte.
Der Briefwechsel dauert bis zu Hermann Brochs plötzlichem Tod im Jahr 1951. Hannah Arendt schrieb einige Essays über Broch, die in diesem Band mit aufgenommen wurden. Es sind eindringliche Analysen seiner Hauptwerke und zugleich Zeichen einer Freundschaft, die Hannah Arendt sich ihr Leben lang für Broch bewahrte.
Hannah Arendt, am 14. Oktober 1906 in Linden bei Hannover als Kind jüdischer Eltern geboren, studierte u.a. Philosophie und promovierte 1929 bei Karl Jaspers zum Liebesbegriff bei Augustin. 1933 Verhaftung in Berlin, danach Emigration nach Paris. 1940 Internierung in Gurs (Südfrankreich), Flucht und Emigration in die USA. Wichtigste Veröffentlichungen: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft (1955), Vita activa oder Vom tätigen Leben (1960), Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen (1964, engl. 1963). Hannah Arendt starb am 4. Dezember 1975 in New York.
Hannah Arendt, am 14. Oktober 1906 in Linden bei Hannover als Kind jüdischer Eltern geboren, studierte u.a. Philosophie und promovierte 1929 bei...
Hermann Broch wuchs in Wien auf, leitete zwanzig Jahre lang die Textilfabrik seiner Familie, begann 1927 mit dem Leben als freier Schriftsteller, musste als Jude nach dem 'Anschluss' von 1938 aus Österreich fliehen. Er emigrierte im gleichen Jahr in die USA, wo er anfänglich in New York lebte. 1942 wurde Princeton, New Jersey, sein fester Wohnsitz. 1949 siedelte er über nach New Haven, Connecticut, wo er Kontakte zur Fakultät der Yale University hatte; im dortigen German Department wurde er Lektor ehrenhalber. 1951 erlag er einem Herzschlag.
Hermann Broch wuchs in Wien auf, leitete zwanzig Jahre lang die Textilfabrik seiner Familie, begann 1927 mit dem Leben als freier Schriftsteller,...